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Zu fett, zu mager oder gerade richtig – Mythen und Halbwahrheiten


rocroc

Empfohlene Beiträge

Vorab: Das Thema bezieht sich NICHT auf das durchschnittliche Übergewicht der europäischen Bevölkerung.

Reifen, Fahrwerk, Motorabstimmung… absolute Flaming-Themen, sogar in unserem kultivierten Forum, wie sich gerade wieder gezeigt hat.

"Wenn du den Luftfilter durch einen mit mehr Performance ersetzt, läuft dein Bike zu mager. Motorschaden vorprogrammiert!" – "Unser Bikes laufen sowieso alle zu mager!" "Wenn du den Auspuff durch einen mit mehr Durchlass ersetzt, läuft dein Bike zu mager!" Aussagen, die wir gerade in den letzten Tagen auch hier wieder gelesen haben.

Sie sind genauso richtig wie falsch. Wieso? Moderne Motorräder mit Lambdasonden laufen im Closed-Loop-Teillastbereich nicht im Bereich der optimalen Leistung und des optimalen Drehmoments, aber in einem Bereich mit optimiertem Treibstoffverbrauch und möglichst geringen Abgas-Emissionen. Unter Volllast hingegen sind bei Strassenmotorrädern weder der Treibstoffverbrauch noch das Abgasverhalten vorrangig, sondern möglichst viel Leistung bei möglichst langer Haltbarkeit. Das ist ein Kompromiss, den man mit viel Sprit (also fetter Abstimmung) und damit mehr Kühlung unterstützt.

Von den 20 Bikes, deren Prüfstandlauf ich in den letzten vier Jahren begleiten durfte, war im oberen Drehzahlbereich bzw. bei Volllast jedes einzelne zu fett abgestimmt. Das ist selbstverständlich keine statistisch relevante Aussage, wird aber zumindest von meinem Tuner, der pro Jahr Hunderte Bikes auf dem Prüfstand hat, vollständig unterstützt.

Wenn also jemand seinen Luftfilter manipuliert, heisst das noch lange nicht, dass er seinem Motor schadet. Dazu müsste man die aktuelle Abstimmung UND die neu effektiv verarbeitete Luftmenge kennen. Denn: doppelt so viel zugeführte Luft heisst nicht ansatzweise, dass die Volumetric Efficency bzw. der Füllungsgrad der Zylinder automatisch doppelt so gross wird oder sogar nur einen Bruchteil davon grösser. Für möglichst viel Durchlass müsste das ganze System zusammenstimmen (Einlass- und Auslasskanäle, Overlap der Nockenwelle, Ventilgrösse, Auspuffanlage etc.). Die Software alleine kann das mit Sicherheit nicht richten.

Unsere Motorräder laufen in der Regel (selbstverständlich gibt es Ausnahmen!) bei serienmässiger Abstimmung mit aktiven Lambdasonden im Closed Loop Bereich magerer als ein auf höchste Leistung/höchstes Drehmoment ausgelegter AFR, je höher die Drehzahl im Open Loop Bereich steigt, desto fetter. Wie schon erwähnt aus Gründen der Sicherheit: Sprit kühlt. Ein Motor, der oben herum nochmals vier, fünf PS mehr liefert, weil er optimal (also nicht zu fett) abgestimmt ist, hat weniger Sicherheitsmargen. Kaputt geht er deswegen noch lange nicht, auch wenn man ein paar Minuten Volllast fährt (wo kann man das schon??).

Bei luftgekühlten Motoren sind die Temperaturschwankungen höher, die Toleranzen in der Fertigung in der Regel auch. Deshalb sind sie oben herum eher noch fetter abgestimmt als wassergekühlte. Es ist diesbezüglich immer eine Frage der thermischen Belastung.

Deshalb: Bevor man einem Kollegen oder eine Kollegin gegenüber behauptet, ihr Bike laufe nach eine Manipulation zu fett, zu mager oder genau richtig, müsste man diese Parameter und diese Rahmenbedingungen kennen und auch noch definieren, in welchem Bereich denn das Bike nicht korrekt läuft (Tuner arbeiten mit vielen Sensordaten, die der Prüfstand liefert und nicht mit der Kristallkugel). BTW: Sind die Lambdasonden aktiv, ist das System im Closed Loop Bereich bis zu einem gewissen Grad durchaus in der Lage, den AFR zu korrigieren. Ob Closed Loop aktiv ist, müsste man also bei den Handlungsempfehlungen auch wissen.

Und zu guter Letzt ganz sicher für niemanden überraschend, aber man darf es doch nicht vergessen: Vergaser und moderne Einspritzungen bieten ganz einfach nicht die gleichen Möglichkeiten, sich den unterschiedlichen Gegebenheiten im Alltag eines Verbrennungsmotors anzupassen. Löcher im Kolben tauchen in den Statistiken vermutlich deutlich weniger auf.

Auch heute nicht von der Kanzel, obwohl's schon wieder Sonntag ist, liebe Brüder und Schwestern. Seid nett zueinander.

Bearbeitet von rocroc
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Leider ist das vollkommen falsch was du schreibst bzw verwendest du den Begriff mager falsch. Alle 4 Takt Motoren mit Ausnahme einiger Schichtlader laufen stöchiometrisch = lambda 1 - das nennt man nicht mager. Mager laufen Diesel Motoren und einige "Mager DI" (Mercedes hatte eine ganze Reihe Magerbenziner VW auch mal). Aber die Regel ist stöchiometrisch. Motorradmotoren laufen auch bei Lambda 1 - ausser in der schon genannten Hochlastanfettung, Hier wird mit der Verdampfungsenthalpie des zusätzlichen Benzins der Brennraum gekühlt. Katalysatoren funktionieren nur bei Lambda 1 deswegen strebt niemand Magenbetrieb an - ausser er will sich eine DeNOx Abgasnachbehandlung einbauen (womit wir beim Dieselproblem wären).

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Das ist ein interessantes Thema, bei dem es darum gehen könnte, zu einem wahrheitsnahen Ergebnis zu kommen.

Jeder hat hier irgendwelche Erfahrungen gemacht.

Dieses Thema könnte uns, (und auch denen, die es in ein paar Jahren zu lesen kriegen) beim Motorradfahren und -tunen helfen!

Ohne dass einen nebenher Aggressionswellen attackieren, sondern eher, dass man bemerkt, dass Wissen auch mit Humor vermittelt werden kann.

(Danke deshalb an rocrocs Beitrag)

Das meinerseits nur, bevor hier wieder dieses "richtig"/"falsch" - Gepose losgeht...

Ich mag dieses Forum, gerade weil es hier auch/meist freundlich geht!

Besten Gruß!

Seb.

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Niki, du hast recht. Mager ist so nicht korrekt. Magerer als der Bereich der optimalen Leistung würde passen. Ich habe das "volkstümlich" ausgedrückt, den die Aussage "moderne Motorräder laufen mager" hört man immer wieder und meint fast immer "im Vergleich zu einem für optimale Leistung ausgelegten AFR". 14.6 ist nicht mager. Ich korrigiere.

Weitere Inputs erwünscht.

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Da dachte ich mir doch:

Hier sind die Experten....Da bin ich mit meinem Thema genau richtig...

Bin beim stöbern über den K+N Luftfilter gestolpert....und brauche ja mal wieder eine neue Aufgabe[emoji23][emoji23]

Daher mal meine Fragen:

Bringt ein Wechsel überhaupt was ( ohne Mapping, Ecu ändern, usw) bezüglich Sound/ Leistung?

Ist der Wechsel ein Problem? ( z.b. Tank ausbauen, hochheben...muss man den Sprit ablassen?( sorry, für meine Ahnungslosigkeit)

Hat schon jemand den Filter gewechselt und hat Erfahrungswerte??

...oder kann man sich das alles schenken und ist der einzigste Vorteil nur der längere Wartungsintervall?

Vielen Dank schon mal gleich vorneweg....Ihr seid echt die Besten, lese immer wieder demütig diese Fachbeiträge hier im Forum und bin jedes Mal wieder begeistert, auch wenn ich nur 20% davon verstehe....

Grüße Oli

Gesendet von iPad mit Tapatalk

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Bezüglich Sound/Leistung sollten dich andere aufklären. Die jenigen die selbst schon was damit zu tun hatten und schon das Programm durchgezogen haben. (bin noch am Anfangsstadium, sollte vll in ca 2 Wochen berichten können, habe halt auch vor mehr zu machen) Der Wechsel ansich sollte kein Problem darstellen, eventuell steht das sogar in der Bedienungsanleitung deines Monsters! Bei den Urmonstern waren es zwei Handgriffe. (Tank hoch, Airbox auf), bei meiner Reihe ist es auch noch einfach aber mit viel Schrauberei verbunden. Hoffe das es bei der 1200 wieder schneller geht? Da kann dir sicher noch jemand anderer weiterhelfen!

Es gibt ja Pakete mit Slip-On , Sport-Luffi (und auch mit anderem Steuergerät) somit sollte es schon Sinn machen. Aller Voraussicht nicht soviel wie mit einer Abstimmung aber da sind dann wieder unsere technisch versierten Experten gefragt die dir hier sicher mehr sagen können!

Gruß Patrick

Bearbeitet von Monster-Pat
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Hi oli.

Beim tankhochklappen brauchst du den sprit nicht abzulassen. Mit weniger sprit im tank musst du nur etwas weniger gewicht anheben. Deshalb einfach halb leer fahren und dann ran ans werk. Der k+n bringt dir soundmäßig nur etwas mit einem offenen deckel. Wobei ein K+N aber nicht zwingend erforderlich ist. Du hast mit nem offen deckel nur ein mega ansauggeräuch. Leistungsmäßig wirst du aber keinen zuwachs haben. Das funktioniert nur in kombination mit ner offenen auspuffanlage und einem guten mapping.

Gruß

Mario

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Vielleicht sollte man bei der ganzen Sache mit der zu fett und zu mager Geschichte auch mal seine Öltemperatur Anzeige im Auge behalten. Volllastfahrten mit ner luftgekühlten und ner wassergekühlten sind da ja zwei unterschiedliche Geschichten. Ob ich meinen Bike schade oder nicht liegt immernoch an meiner rechten Hand. Wer die Warnsignale seines Motorrades missachtet machts halt kaputt. Temperaturkontrolle durch Öltemperaturanzeige hilft ungemein...Desweiteren einfach mal nach ner Volllastfahrt anhalten, Kaffee trinken und Eis essen und dann die Finger dreckig machen und Kerze rausschrauben und Farbe betrachten. Dann wisst ihr wo euer Bike steht.

Ich reagiere übrigens komplett anders als mein Bike.... wenn ich am Morgen blass bin, dann war ich am Vortag zu fett unterwegs gewesen...

Bearbeitet von skydivelz
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Bringt ein Wechsel überhaupt was ( ohne Mapping, Ecu ändern, usw) bezüglich Sound/ Leistung?

Oli

Ich hab den Luftfilter testweise bei der 12er gegen einen Pipercross gewechselt. Eine Sache von 15 Minuten. Das Ansauggeräusch war deutlich lauter (und unangenehmer), weshalb ich ihn wieder demontiert habe. Leistungsmässig habe ich bei dieser isolierten Massnahme nichts erwartet.

Ob der Filter alleine etwas bringen kann bei unverändertem Mapping lässt sich nur beantworten, wenn man weiss, wie sich deine Abstimmung durch den gesamten Drehzahlbereich in allen Drosselklappenstellungen präsentiert. Wo das Gemisch im Open-Loop-Bereich effektiv zu fett wäre, könnte sich der Filter allenfalls positiv auswirken. Ohne weitere Änderungen im System ist die Wirkung aus meiner Sicht aber marginal, falls überhaupt spürbar.

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Holla die Waldfee,

egal was man an Optimierungen an der Verbrennungsmaschiene vornimmt, es muss stets eine Anpassung vollzogen werden, damit alles optimal läuft!

Der Filtertausch an sich, bringt keinen nennenswerten Vorteil, den man beim fahren bemerken würde.

Warum also tauschen?

Das hängt eher mit den technischen Gegebenheiten zusammen. So ein Filter soll ja den Dreck aus der angesaugten Luft filtern. Die Luft selbst geht durch kleine Poren im Filterelement, was bei den Serienfiltern aus Papier besteht.

Die "Sportfilter" bestehen meist aus "Stoff", die mit Öl benetzt sind.

Einfacher Selbstversuch, wenn man mal versucht durch ei Stück Papierfilter zu atmen und dann mal einen Sportfilter versucht!

Es lässt sich freier atmen, also weniger Anstrengung.

Mit den entsprechenden Endsystemen, wie Auspuff, und Verbrennung, lässt sich daraus dann auch evtl eine kleine Leistungssteigerung erzeugen.

Vorteile sind die Wiederverwendbarkeit und leichte Säuberung der Sportfilter.

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Ob der Filter alleine etwas bringen kann bei unverändertem Mapping lässt sich nur beantworten, wenn man weiss, wie sich deine Abstimmung durch den gesamten Drehzahlbereich in allen Drosselklappenstellungen präsentiert.

Das möchte ich hundertprozentig unterschreiben.

So wie ein Arzt vor einer Therapie eine Diagnose stellt, sollte man bei jeglichen technischen Veränderungen zuerst die Ausgangslage analysieren, ein sinnvolles Ziel definieren und dann die Abweichungen zwischen beidem durch geeignete Massnahmen zu überbrücken versuchen.

Alles andere ist trial and error, wobei die Errors sehr viel wahrscheinlicher sind.

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