Hallo Basstler, Danke für deinen langen und nachdenkenswerten Beitrag. Ich möchte die Punkte aufgreifen und diese auch kommentieren. Aber vorher eine Frage, was daran soll denn skuril sein? Das kann ich nicht ganz nachvollziehen, könntest du diese Skurilität mir erläutern? Was meinst du denn genau damit?
Das ist absolut gängige Praxis in dem Bereich der qualitativen Marktforschung - in der wir uns hier bewegen - in der wir versuchen Kunden und Hersteller näher zusammen zu bringen und einen direkteren Austausch zu ermöglichen. Das ist die Idee, die dahinter steckt, weil Kunden und Hersteller oftmals in sehr unterschiedlichen Kategorien denken und unterschiedliche Koordinaten haben, soll dieses Koordinatensystem wieder ins Lot gebracht werden und dazu dient die Qualitative Marktforschung, wie ich sie mache. ZU den einzelnen von dir aufgeworfenen Punkten
1. Das ist absolut gängige Praxis in der Qualitativen Marktforschung, vor allem für Teilnehmer, die von etwas weiter weg kommen und ist als Dankeschön und Wertschätzung für die Wortbeiträge der Teilnehmer gedacht, ich denke das ist eine faire Geste, den Teinehmern eine Aufwandsentschädigung anzubieten. Es besteht aber natürlich keine Verpflichtung diese anzunehmen, aber wenn wir ehrlich sind, machen wir das doch auch selbst so, wenn wir einem Beruf nach gehen, wir machen das doch auch nicht alles umsonst, oder?
2. Das ist richtig, dass es manchmal zu Überschneidungen kommt, die Realität ist immer komplexer, aber nichts desto trotz macht es Sinn diese Komplexität der Realität mittels abstrakter und methodisch nachvollziehbarer Schritte zu reduzieren, um zu Kernthesen zu kommen oder Hypothesen entwickeln zu können, dies ist üblich in der wissenschaftlichen Sozialforschung. Es geht um dem Versuch durch Abstraktion in der Methodologie eine relevante Typisierung zu erzielen.
3. Ich weiß nicht, welche erkenntnistheroretischen Hypothesen du hier als Maßgabe für die "meisten sozialwissenschaftlichen Versuchsaufbauten" meinst, unseren forscherischer Ansatz nennen wir "qualitativ" und ist abgeleitet von einem eher hermeneutisch orientierten wissenschaftlichen Ansatz. Wir lehnen uns in unserer Herangehensweise stark an die Theorie des symbolischen Interaktionismus an, wie sie von Mead und Blumer formuliert wurden. Selbstverständlich versuchen wir "Bias" so gut es geht im "best practice" Verfahren zu vermeiden, aber letztlich ist entscheidend nicht immer was der Teilnehmer sagt, sondern auch was er nicht sagt oder wie das zu interpretieren ist,was wer sagt. Ich mache das jetzt schon fast 20 Jahre und ich denke ich mache meinen Job ganz gut, so dass ich da keine Bedenken habe, entsprechende Sorgfalt bei der Analyse und Interpretation an den Tag zu legen und sinnvolle und wertvolle Ergebnisse zu liefern.
4. Hier wieder mein Verweis auf einen qualitativen forscherischen Ansatz: Wir als qualitative Marktforscher glauben nicht so sehr Prozentzahlen, oder repräsentative Stichproben, sprich wir glauben nicht an die Statistiken, die andere gefälscht haben, es kommt nicht auf die Menge der Personen an, die wir befragen, sondern an die Qualität dessen, was sie zu sagen haben und das ist meine Aufgabe als Moderator, dass alle Teilnehmer ihre Meinungen sagen können und es eben nicht zu einem eindimensionalen Gesprächsverlauf kommt, bei dem ein Opinion Leader allein die Meinung der Gruppe bestimmt. Wie gesagt ich mache das jetzt 20 Jahre und wir arbeiten nicht in dem Bereich quantitativer, positivitsitscher Methodik, sondern in qualitativen Marktforschung. Hier ist es nicht die Aufgabe und kann es auch nicht sein, quantitativ belastbare Daten zu produzieren. Falls interessiert, kann ich hier auf die bahnbrechenden Arbeiten von Glaser und Strauss verweisen, die sie in der Grounded Theory zusammenefasst und entwickelt haben, hier gibt es einen ersten Überblick dazu: https://de.wikipedia.org/wiki/Grounded_Theory
Das ist mein Food For Thought als Antwort...
Beste Grüße Peter